Borie la Vitarèle, Camille Izarn & Ulrich Guldemann

Frankreich, Languedoc, Causses et Vejran

Gekommen, um zu bleiben

Das 1990 von Jean-François «Jef» und Cathy Izarn gegründete Weingut Borie la Vitarèle umfasst 18 ha Weinberge in der AOC Saint-Chinian, die seit 1998 biologisch und biodynamisch bewirtschaftet werden. Ihnen war es von Anfang an wichtig, dass die Böden lebendig waren, dass die Natur und ihre Vielfalt im Vordergrund standen, dass ihre Weine authentisch und ehrlich waren. Seit dem tragischen Traktorunfall von Jef im Jahr 2014 führten Cathy und ihre Tochter Camille die Domaine «vierhändig», nachdem Camille Hals über Kopf von Paris für die Ernte nach Causses et Vejran kam. Sie war gekommen, um zu bleiben.

 

Jefs mysteriöses Notizbuch

Seit 2017 keltert Camille allein die Weine und wird von ihrem Lebenspartner Ulrich unterstützt. Für Camille war es ein richtiges Nachhausekommen. Sie stand nun wieder im Kontakt mit der Natur und war von den Jahreszeiten getrieben. Jefs Hinterlassenschaften in seinem mysteriösen Notizbuch waren dabei leider keine grosse Hilfe. Sätze wie «Cerise – wow» gaben ihr keine Hinweise, wie er das Aroma hingekriegt hatte. Camille musste das Handwerk nochmals neu erlernen. Zum Glück hat sie das Weinmachen im Blut und ihre ersten Weine überzeugen mit grosser Klasse.

 

Vielfältiges Terroir auf kleinstem Raum

Die Rebstöcke rund um Borie la Vitarèle wachsen in einem einzigartigen, extrem vielfältigen Terroir auf kleinstem Raum. Von einem nahen Aussichtspunkt aus kann diese Vielfalt an den Unterschieden der Vegetation abgelesen werden. Die Rebstöcke wachsen auf Kalkböden (Terres blanches), auf Kieselablagerungen (les Crès) sowie auf Schiefer (les Schistes) und werden separat vinifiziert, so dass die Unterschiede deutlich wahrgenommen werden können.

 

Wein braucht Geduld

Die Weine reifen zwei Jahre lang in Barriques auf traditionelle und schonende Weise. «Wein braucht Geduld», sagte Camilles Vater Jef. Während rundum alle Winzer ihre Kellerarbeiten abgeschlossen haben, gären die Weine auf Borie La Vitarèle ruhig auf der Maische weiter und extrahieren sensationelle Aromen. Sie sind extrem dicht in der Nase und am Gaumen, mit konzentrierten Noten von schwarzen Beeren, über Gewürze und Garrique-Kräuter zu Kakao. Mit den Weinen von Camille muss auch der Konsument etwas Geduld haben, sie altern sehr gut und entwickeln ihr volles Potenzial erst nach ein paar Jahren.

alle Produkte von Borie la Vitarèle

Drei Fragen an Camille Izarn

Camille, du bist auf Borie la Vitarèle aufgewachsen, bist dann aber für Ausbildung und Arbeit weggegangen. Wie kamst du zurück auf die Domaine?

Nach dem plötzlichen Tod meines Vaters übernahm meine Mutter das Weingut alleine. Ich arbeitete damals als Journalistin in Paris und kam auf die Bitte meiner Mutter für die Weinlese zurück, um zu helfen. Ich blieb… Das Weingut zu übernehmen war die Entscheidung meines Lebens. Es ist wie eine Rückkehr zu meinen Quellen und Wurzeln. Im Kontakt mit der Natur und im Rhythmus der Jahreszeiten fand ich wieder Sinn. Mein Vater sagte immer: «Sind die Hände in der Erde, ist der Geist frei». Im Weinkeller fühle ich mich am wohlsten. Nach dem Adrenalin der Weinlese kommt die Zeit, in der mit Hilfe des Instinkts und der Sinne die Entscheidungen für die Vinifikation getroffen werden. Jeder Jahrgang ist anders, da ist kein Platz für Langeweile!

 

Nach welchen Grundsätzen kelterst du Deine Weine?

Wir machen Terroir-Weine, minimalistisch und puristisch, mit dem ganzen Schwung der Frucht und der Frische. «Les Terres Blanches» bezieht sich auf unsere kalkhaltigen Böden, eher trockene Terroirs, die von Pinienwäldern und Garrigues umgeben sind. Diese Böden bringen einen Wein mit viel Frucht und kreidigen Tanninen hervor. Ein eleganter, typisch mediterraner Wein. «Les Schistes» ist ein Schiefer-Boden, der sehr brüchig und entwässernd ist. Es sind die höchstgelegenen Weinberge. Diese Bodenart ermöglicht es, würzige und blumige Aromen mit seidigen Tanninen zu entfalten: ein ganz zarter Wein. «Les Crès» bezieht sich auf unsere Böden aus Rollkieselsteinen (wie im Châteauneuf-du-Pape). Dieser sehr durchlässige und wenig fruchtbare Boden ermöglicht die Erzeugung eines grossen, grosszügigen Weins, der rund und kräftig ist und Aromen von Lakritze und schwarzen Früchten aufweist. Interessant ist, dass alle diese verschiedenen Bodenarten auf sehr kleinem Raum nebeneinander existieren.

 

Viele Weinbauregionen sind vom Klimawandel betroffen. Welche Auswirkungen spürt ihr im Languedoc und wie gehst du damit um?

Bei uns sind es natürlich der fehlende Regen und die sommerlichen Dürren, die uns am meisten zu schaffen machen. Seit fast zehn Jahren werden die Jahre immer extremer, was zu Stress für die Pflanzen und damit zu potentiellen Ungleichgewichtsituationen führt. Aus ethischen Gründen wollen wir die Weinberge nicht bewässern. Daher haben wir uns für sanftere Lösungen entschieden. Während des gesamten Sommers bereiten wir dynamische Bio-Kräutertees für die Weinberge zu (Brennnessel, Baldrian, Schafgarbe usw.), die dem Boden wieder Frische verleihen und die Stresssituationen der Reben aufgrund der überhöhten Temperaturen begrenzen. Wir entblättern und beschneiden die Stöcke schon lange nicht mehr, damit die Trauben vor der Sonne geschützt bleiben. In den letzten zehn Jahren haben wir diverse klimaangepasste Sorten wie Clairette, Bourboulenc oder Cinsault angepflanzt, welche wir in neuen Cuvées verarbeiten, beispielsweise den Cuvée des Cigales (neu im Cavino).