Bodegas Gratias, Familia Gomez Sanz

Spanien, La Mancha, Casas Ibáñez

Bobal – alles andere als Industrieware

Ivan, Jose und Ana Gomez Sanz stehen hinter dem ambitionierten Familienprojekt Bodegas Gratias. Begonnen hat alles im Dorf Alborea in Albacete, wo auf dem eigenen Hügel eine halbe Hektare uralte Bobal-Reben wuchsen. Der benachbarte Winzer Pepe wollte seine alten Bobalstöcke ausreissen, da der Ertrag zu klein war. Doch diese wurden von der Familie Gomez gerettet und übernommen. Ein weiterer Nachbar Sergio engagierte sich zudem im Projekt Gratias und lieferte seine eigenen Trauben für den besten Bobal. Ana Gomez und ihr Team setzen sich für den Erhalt der Bobal-Traube ein, die trotz ihrer weiten Verbreitung in Spanien relativ unbekannt ist, denn sie wurde oft in Industrieweinen verschnitten. Gratias beschränkt die Ernte der Bobal-Stöcke stark, so entstehen filigrane, wunderbar rubinrote Weine, mit feinen Tanninen und Beerennoten.

 

Alte Sorten als Zukunftsstrategie

Ständig sind sie auf der Suche nach alten Rebstöcken mit Traubensorten, die über die Zeit vergessen gingen. So versuchen sie, Sorten zu finden, die mit den neuen klimatischen Gegebenheiten besser zu Schlage kommen als die gängigen. Die weisse Traubensorte Tardana beispielsweise, die bereits im Namen verrät, dass sie spät ausreift, eignet sich hervorragend, um frische, knackige Weiss- und Orangeweine mit wenig Alkohol herzustellen. Die Trauben können heute bereits im Oktober geerntet werden, wo sie früher bis im November kaum reiften und für die Erntehelfer mehr als Esstrauben gedient haben. Durch die längere Zeit am Stock steigt dafür die Gefahr von Hagel- oder Unwetterschäden. Auch die im Weinmarkt unbekannte Traubensorte Pintaillo ist eine Kandidatin für den zukünftigen Weinbau.

 

Anas Meinung zur Bio-Zertifizierung

Der Anbau auf Bodegas Gratias entsprach schon immer biologischen Grundsätzen, doch auf eine Bio- oder Demeter-Zertifizierung verzichteten sie lange. Sie klassierten ihre Produkte lieber als «ethical wine». Ana meint: «Warum muss ich fürs Nichts-hinzufügen und Nichts-verändern eines Naturprodukts aus Trauben bezahlen, wenn alle anderen, die mit hunderten von Kellerhilfsmitteln ihre Weine tunen, gar nichts deklarieren müssen? Der Ansatz der Biokontrolle ist falsch, es müsste genau umgekehrt sein. Wer den Wein physikalisch und chemisch verändert, müsste sich deklarieren lassen.» Wir stimmen Ana in ihren Gedanken zu, doch um im Weinmarkt im Vorteil zu sein, entschieden sie sich schlussendlich trotzdem für eine Bio-Zertifizierung.

 

Engagement auf allen Ebenen der Nachhaltigkeit

Nebst der Rekultivierung der alten Sorten, engagieren sich die Vier auch in sozialen Projekten, beispielsweise mit dem Crowdfundingprojekt ¿Y tu de quien eres?. Übersetzt heisst das: «Zu welcher Familie gehörst du?». Dabei sammeln sie Trauben verschiedenster Familien- und Weingärten in der Region ein und keltern einen Wein, der «multivarietal» ist, also aus vielen verschiedenen Sorten besteht. In der Vergangenheit hatten viele Familien ihre eigenen kleinen Weingärten mit verschiedensten Rebsorten bestockt. Daraus kelterten sie selbst ihren Wein für den Eigenbedarf. Aus diversen Gründen (Demografie, Kosten, Aufwand) ist diese Kultur am Aussterben. Die Mischkultur-Rebgärten verwildern und die Biodiversität verschwindet. Gerade solche Mischkulturen erweisen sich heute als multiresistent gegen die Ausbreitung von Rebkrankheiten und Schädlingen. Auch in Bezug auf den Klimawandel erweisen sich diese uralten Sorten als anpassungsfähiger als die Züchtungen. Die Weine aus diesem Projekt sind ehrlich, wunderbar zum Trinken, Festen, Diskutieren oder Sein.

alle Produkte von Bodegas Gratias

Drei Fragen an Ana Gomez

Ana, was macht die Bodegas Gratias in der Region Manchuela zu etwas Besonderem?

Wir befinden uns genau an der Grenze zwischen den zwei Provinzen Valencia und Albacete, wo aufgrund der Landschaft seit Jahrhunderten ein natürlicher Weg vom Mittelmeer ins Landesinnere Spaniens und somit schon immer ein Ort des Austauschs von Menschen und Kulturen war. Die Bodegas Gratias liegt am Scheitelpunkt zwischen den zwei Flüssen Cabriel und Júcar. Hier finden wir eine grosse Bandbreite an unterschiedlichen Böden, Höhenlagen, Strukturen und Mikroklimata. Zudem gibt es viele alte und unbekannte Rebsorten und Traditionen im Weinbau. Unser Ziel ist es, dieses Erbe und den natürlichen Reichtum der Region zu zeigen.

 

Was bedeutet euer Label ‘ethical wines’?

Ein ethischer Wein bedeutet, dass Sorgfalt und Respekt beim Anbau der Trauben, der Herstellung des Weins und im Umgang mit den Menschen gezeigt wird. Wir wollen nachhaltige und regenerative Prozesse fördern und das Wissen von Generationen von Weinbauern weiterführen und wiederbeleben. Als Teil der Gesellschaft tragen wir eine Verantwortung, dieses Erbe auch an künftige Generationen weiterzugeben. Für uns bedeutet dies, die grosse Vielfalt an Rebsorten sowie den jahrhundertealten traditionellen Weinbau der iberischen Zivilisation zu erhalten. Nur so können wir die Persönlichkeit unseres Weinanbaugebiets bewahren und langfristig erfolgreich sein.

 

Was ist die Idee hinter dem Projekt ¿Y tú de quién eres?

¿Y tú de quién eres? ist ein Projekt, bei dem alte Rebsorten aus umliegenden Weinbergen, die von den Genossenschaften lange nicht geschätzt wurden, zu einem Crowdfunding-Wein gekeltert werden. Unbekannte Sorten wie Pintaillo, Coloraillo oder Macabeo Negro, die früher kaum zeitig reiften, ergeben heute interessante leichte Rotweine mit leuchtenden Farben und feinen Tanninen. Auch natürlich frisch-fruchtige Weissweine können aus diesen Schätzen der Weinberge gekeltert werden. Diese Sorten sind besser an den Klimawandel und die sich verändernden Wetterbedingungen angepasst. Wir wollen mit dem Projekt erreichen, dass die Gesellschaft auf die vielen bereits existierenden klimaangepassten Rebsorten aufmerksam wird, die in der Landwirtschaftspolitik der letzten Jahrzehnte kaum Aufmerksamkeit bekamen. Es wäre unsinnig, diese Rebsorten verschwinden zu lassen, denn sie haben grosses Potential für den künftigen Weinbau. Sie sind in keiner Baumschule zu finden, deshalb vermehren wir die Rebsorten selbst und stellen sie für andere Winzer und Winzerinnen zur Verfügung.